Wer mein Profil auf KaufMich sorgfältig liest, stolpert vermutlich über diesen Satz: “Bin kompakte 1,60 groß und divers/nichtbinär, doch vom Körper her vollkommen weiblich. Meine Oberweite würde ich als „eine Handvoll“ beschreiben; mein Po dafür etwas mehr ;)”

Manchmal gibt es Nachfragen, die ich in diesem Blog anschaulich beantworten will. Oft gehen die Menschen, die mit mir in Kontakt treten, gar nicht drauf ein – weil sie es nicht gelesen haben oder es einfach zur Kenntnis nehmen – und das ist für mich auch vollkommen okay. 

Ich trete als Escort explizit feminin auf. Schließlich geht es um Berührung und Körper. Auch wenn das größte Sexualorgan zwischen unseren Ohren liegt, kann ich erotische Momente auch sehr gut genießen, wenn mein Gegenüber mich als Frau sieht. 

Was bedeutet divers?

Doch an sich bin ich keine Frau. Ich bin auch kein Mann. Ich bin einfach Jay, eine Person, die leidenschaftlich gerne Menschen durch Intimität und körperliche Nähe glücklich macht. 

Seit 2019 ist “divers” offiziell als Geschlechtseintrag neben “männlich” und “weiblich” möglich und steht auch in meinem Personalausweis. 

Als Ergänzung zu “männlich” und “weiblich” bezeichnet divers alle Menschen “dazwischen und außerhalb”, wie Jan Böhmermann immer so schön sagt. Divers spricht keiner Person die eigene Identität ab, sondern zeigt, dass es mehr gibt. 

Was gibt es denn alles?

Trans* = Ist eine Person trans*, so stimmt ihre Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht überein, das sie bei Geburt hat(te). Das Sternchen steht für die verschiedenen Variationen, die es gibt. Manche trans Personen sind sehr binär, also im männlichen Körper geboren, wobei ihre eigentliche Identität weiblich ist oder umgekehrt. Manche sehen sich “dazwischen” oder “außerhalb” oder bewegen sich frei auf dem Spektrum der Geschlechtsidentität. 

Divers = Ich definiere divers, also außerhalb der männlich-weiblich Binarität, weshalb es auch oft nichtbinär genannt wird, oder “enby”, für die Abkürzung “nb”. 

Inter = Menschen, die intergeschlechtlich geboren werden, kommen mit weiblichen und männlichen zur Welt. Sie werden oft “angleichenden” oder “korrigierenden” Operationen unterzogen, denen sie nicht zustimmen können, damit sie ein für unsere Gesellschaft eindeutiges Geschlecht haben.

Cis = cisgender bedeutet, dass das Geschlecht, in dem Du geboren wurdest, auch dein gelebtes Geschlecht ist, also ein cis-Mann kam mit Penis zur Welt und identifiziert sich auch als Mann. Eine cis-Frau kam mit Vulva zur Welt uns identifiziert sich als Frau. 

Was hat das mit Sexualität zu tun?

In erster Linie nichts. Denn die Geschlechtsidentität bezieht sich auf uns, während sich die sexuelle Orientierung darauf bezieht, wie wir zu anderen Menschen stehen. 

Für mich war das immer klar, doch ich wuchs in eine liberale Bubble hinein und hatte lange nicht auf dem Schirm, dass es auch anders geht. Die Augen öffnete ein Gespräch mit meinem Vater, kurz nach meinem Coming Out als nichtbinär, in dem er sagte, “Aber Schwule wollen doch auch alle eine Frau sein.”

Für ihn waren sexuelle Orientierung und Gender der gleiche Aspekt einer Identität, wobei sie doch etwas separates sind. 

Du kannst cis sein und hetero, schwul, lesbisch und so weiter, ebenso wie Du als trans Frau hetero, lesbisch oder pan sein kannst. Manche sind auch noch poly – so wie ich, sind also offen für emotionale Bindungen mit mehr als einer Person, oder generell offen für viele Bindungen.

Divers als Escort

Du siehst, es ist kompliziert und vielschichtig. 

Um das zu vereinfachen trete ich in der Sexarbeit einfach als weibliche Person auf. Die meisten hinterfragen das nicht – vor allem, da sie auch eine Frau suchen. 

Inzwischen fühle ich mich damit sehr wohl. “Frau sein” war für mich immer schon ein Rollenspiel, bereits als Teenager. Doch ich war mir sicher, dass ich kein Mann bin. Damals wusste ich noch nichts vom Spektrum der Geschlechter. Mir war divers kein Begriff. 

Jetzt, wo ich meine nichtbinäre Identität voll ausfülle und damit selbstbewusst umgehe, kann ich auch meine feminine Seite auskosten. Inzwischen stört es mich nicht, wenn mich ein Gast als “Frau” oder “Mädchen” betitelt, denn ich weiß, wer ich bin und wie ich mich identifiziere. 

Die engsten Menschen in meinem Leben sehen das und respektieren das. Sogar meine Mutter ist meiner Bitte gefolgt und hat meinen “neuen” Namen Jay angenommen und nennt mich nicht mehr bei meinem Deadname, den sie mir einst gab. Dafür bin ich extrem dankbar. 

Doch ich schweife ab. 

Wenn es Dich gewundert hat, warum bei “Powerfrau*” ein Sternchen war – jetzt weißt Du, warum. 

Ich will aus meiner Geschlechtsidentität kein Geheimnis machen, doch ich will es auch nicht ins Zentrum stellen. Als Escort geht es mir darum, Dich und Deine Erfahrung in den Fokus zu rücken. Dafür begegne ich Dir als Frau… oder eben nur als Jay.