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Jay gefesselt auf einem Hotelbett in s/w

Warum Sexarbeit?

“Warum macht eine wie Du sowas?” Diese Frage stellte mir mein Gast, als wir gemeinsam beim Essen waren und ich von meinem Studium erzählte. 

Denn ja, ich habe einen Bachelor in Anthropologie und Filmwissenschaft und zudem noch einen “klassischen” Job im Marketing, mit dem ich gut verdiene. Warum bin ich also “trotzdem” in der Sexarbeit tätig?

Diver mit Teal-farbenen Punkten

Frage zwischen Stigma und Relevanz

Kurz vorweg: Die Frage an sich finde ich schon problematisch. “Eine wie ich” impliziert, dass ich “was besseres bin”, weil ich ein gewisses Maß an Intelligenz vorweise und mir einen Hochschulabschluss erarbeitet habe. 

Wer so etwas fragt, outet sich als Person, die Sexarbeit als minderwertige Tätigkeit ansieht, wenn auch unbewusst. Das ist leider in unserer Gesellschaft weit verbreitet und einer der Gründe, warum ich mich politisch engagiere und gegen das Stigma kämpfe. 

Abgesehen vom Stigma, das der Frage zugrunde liegt, ist sie dennoch relevant für Menschen, die mich als Escort buchen wollen. 

Die Antwort fühlt sich für mich einfach an, doch sie kurz und prägnant auszudrücken, war an dem Abend schwerer als gedacht. 

In einem Satz: Ich möchte Menschen helfen.

Das wird der Sache aber nicht gerecht. Deshalb nun ein längerer Blog für alle, die in die Tiefe gehen möchten. 

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Der Sinn meines Lebens?

Schon in meiner Jugend merkte ich: Ich bin ein People Pleaser. Das heißt: Es gibt mir enorme Freude, anderen Menschen zu helfen. 

Aber wie? Mit 11 Jahren entdeckte ich die Macht von Geschichten. Ob Literatur, Film oder Serien, Geschichten sind Zuflucht und Lehrraum zugleich. Wir erkennen uns wieder, reflektieren unser Leben, sind inspiriert, Veränderung zu wagen, da wir auf dem Bildschirm oder auf den Seiten eines Buches sehen, wie es gehen kann. 

Kurzum: Geschichten helfen uns. 

Also schrieb ich. Erst witzige Gedichten mit einer Klassenkameradin, dann Berichte für die Schulzeitung, dann Fiction mit erotischem Touch in einer Online-Community, die mir sofortige Rückmeldung gab und mich über 1.5 Mio veröffentlichte Wörter mehr und mehr schulte. 

Ich erkannte meinen Traum: Menschen durch meine Geschichten bewegen und ihr Leben zu bereichern.

In unserem kapitalistischen System bedeutet so ein Traum natürlich auch: Geld damit verdienen. Nun war ich ein Kind der Leistungsgesellschaft der 90er. Geld verdienen reichte nicht – meine Definition von Erfolg als Storyteller war, berühmter Drehbuchautor zu werden. Ich würde zwischen Hollywood und Berlin hin- und herjetten, wie Aaron Sorkin Millionen für ein Skript bekommen, ab und zu meine Familie in Bayern besuchen, ihnen Autos kaufen und viel an wohltätige Organisationen spenden.  

Da ich aber bald depressiv und mit einer chronischen Essstörung in meiner Einzimmerwohnung saß und neben der Therapie kaum mehr als meinen Abschluss schaffte, schien Hollywood unerreichbar. 

Meine mentale Gesundheit war so schlimm, dass ich nach dem Bachelor noch vier Semester im Zweitstudium dran hing, weil ich da noch den KfW-Studienkredit beziehen konnte. Mein Gedankengang: Ich nutze diese Zeit, um stabil zu werden. 

Das hat – zum Glück – geklappt und ich fand den Weg ins Copywriting und Marketing. Das war ebenfalls Schreiben und es zahlte sogar ein Honorar, im Gegensatz zu Screenwriting als Unbekannte ohne Abschluss der Filmhochschule (die mich mit 21 abgelehnt hatte). 

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Der Weg ins Escort

Meine Psyche stabilisierte sich. Ich fand in meine Identität als nichtbinäre Person und lebte endlich das, was ich immer wollte: Schreiben und dadurch Menschen helfen. 

Doch ein Gedanke ploppte plötzlich wieder hoch, den ich bereits mit 18 hatte und nicht nachgegangen war. Menschen helfen… als Escort. 

Während ich es mir z. B. nicht vorstellen kann, Menschen zu pflegen, kann ich mir sehr gut vorstellen, mit fremden Menschen intim zu werden und ihr Leben so positiv zu beeinflussen.

Wie auch meine Kollegin und Vorbild Kristina Marlen sagt: “Sexarbeit ist Heilarbeit.”

Wenn Du Dich jetzt fragst… hä? Wieso? Lass mich kurz erklären. 

Sexarbeiter*innen geben Nähe und Intimität. 

Wir schaffen Räume, in denen sich Menschen entfalten können. 

Wir ermöglichen ihnen, ihre Bedürfnisse auf sichere und gerechte Weise in den Mittelpunkt zu stellen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu brauchen (wie z. B. in Partnerschaft oder beim Casual Dating). 

Menschen mit speziellen Fetisch, den sie in ihrer Partnerschaft nicht ausleben können, finden endlich einen Ort, wo sie sich ausleben können. 

Und natürlich: Bei uns können Menschen “Druck abbauen” und unbelastet wieder in die Welt gehen. 

Klar ist nicht alles an der Sexarbeit rosig. Klar habe ich gebraucht, um herauszufinden, wie ich die Art Menschen anspreche, die auch diese Heilarbeit wollen. Und klar bin ich ein sehr positives Beispiel aus dem „Gewerbe“ – doch das ist eben meine Realität.

Manche mögen meine Herangehensweise an Sexarbeit als naiv ansehen. Doch viele meiner Erfahrungen haben bestätigt, dass Sexarbeit eine Feld ist, das dem Wohlbefinden der Menschheit zuträglich ist. 

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Welche Art von Treffen sind Heilarbeit?

Intuitiv sage ich: Jede Begegnung, die respektvoll und auf Augenhöhe stattfindet, ist Heilarbeit in meiner Interpretation des Begriffs. 

Anfrager, die “einfach nur geil ficken” wollen, haben bei mir selten Erfolg. 

Menschen, die Verbindung suchen, die Authentizität wollen, eine Person mit Ecken und Kanten der Unnahbarkeit einer top-gestylten, hoch eleganten Escort, die auch als klassisches Model arbeiten könnte, bevorzugen – das sind meine Gäste. 

Klar wollen sie auch einfach mal Spaß haben. Aber es gibt eben auch Menschen, die die Traumata ihrer Kindheit mit mir aufarbeiten, die ihre Unsicherheiten beim Thema Sexualität überwinden, oder Frauen, die sich in meine Hände begeben, da sie sich dort sicher fühlen. 

Das kann “so eine wie ich” wirklich gut.  

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